Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan 2021

Bis 23. September 2021 besteht die Möglichkeit zur Stellungnahme 

Der NGP geht in die dritte Runde. Nach 2009 und 2015 ist nun bis Ende des Jahres 2021 der 3. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) vom BMLRT zu veröffentlichen. In diesem werden Bewirtschaftungsziele und das Maßnahmenprogramm für die Planungsperiode 2022 bis 2027 aktualisiert. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über den Stand und die relevanten Maßnahmen für die Kleinwasserkraft.

 

 

Was wurde bislang umgesetzt?

 

In den ersten beiden Planungsperioden wurden im prioritären Sanierungsraum bei ca. 200 Restwasserstrecken höhere Restwassermengen (schrittweise Erhöhung) festgelegt. Diese Dotationsmengenerhöhung dient in einem ersten Schritt dazu, dass die Fischpassierbarkeit erreicht wird. Bei zahlreichen weiteren Strecken des 2. Sanierungsraums wurden die dementsprechenden Verfahren gestartet. Darüber hinaus wurden auch außerhalb des Sanierungsraums im Rahmen von Bewilligungen bzw. Wiederverleihungen entsprechend dem Stand der Technik die zur Erhaltung bzw. Erreichung des guten ökologischen Zustands erforderlichen Restwassermengen festgelegt, welche eine höhere und/oder dynamische Restwassergestaltung bedingen können. Insgesamt wurden so in knapp 500 Restwasserstrecken in ca. 450 Wasserkörpern höhere Restwassermengen vorgeschrieben. Abhängig vom Gewässertyp und vom Ausnutzungsgrad des Kraftwerks konnte in einigen Fällen ein guter Zustand erreicht werden. Knapp 19% der österreichischen Fließgewässer weisen (bezogen auf Wasserkörperlängen) ein Risiko der Zielverfehlung aufgrund von Wasserentnahmen auf - im Jahr 2009 waren es noch 27%. Im Gegensatz dazu hat sich bei der Zielerreichung (guter Gesamtzustand oder gutes Potenzial) noch nicht viel getan: Bei Miteinbeziehung der erheblich veränderten Gewässer (HMWB mit Zielzustand gutes Potenzial) wurde bei 43% das Ziel erreicht. Gegenüber 2015, mit damals 39,5%, eine recht geringe Verbesserung.

 

Hier wird immer mehr sichtbar, was Kleinwasserkraft Österreich seit Jahren betont: Es reicht bei weitem nicht, (möglichst viel) Restwasser vorzuschreiben und große FAHs zu bauen. Die Zielverfehlungen kommen vor allem aus der Kombination aus mehreren Einflüssen, wie etwa diffuse Einträge aus der Landwirtschaft und aus der Luft, aber natürlich auch von hormonaktiven Substanzen aus Kläranlagen, dem Hochwasserschutz, Begradigungen, Trockenlegung von Augebieten und der immer noch völlig unter dem Radar befindlichen nicht nachhaltigen Fischereiwirtschaft.

 

Klimawandel

 

Der Klimawandel spielt im 3. NGP eine weitaus größere Rolle als in den beiden vorherigen Perioden. Neben dem Anstieg der Wassertemperatur wurde auch ein Trend bei der Zunahme von Hitze- und Sommertagen sowie verlängerten Vegetationsperioden in den letzten Jahren verzeichnet. Sehr wahrscheinlich ist eine Verschiebung von Sommerniederschlägen zu Winterniederschlägen und eine Erhöhung der Intensität von kleinräumigen Extremereignissen. In bereits heute niederschlagsarmen Regionen werden die Niederschläge weiter abnehmen. Durch die Auswirkungen des Klimawandels, vor allem Temperaturerhöhung und Veränderungen im Niederschlagsregime, verringert sich die verfügbare Grundwasserressource und es wird vermehrt zu ausgeprägten Niederwasserphasen in den Fließgewässern kommen. Gleichzeitig steigt der Wasserbedarf z.B. für die landwirtschaftliche Bewässerung und Beschneiungen. Die Trockenperioden und Niederwassersituationen der Jahre 2003, 2015 und 2018 geben einen Vorgeschmack für die zukünftig zu erwartende Entwicklung. Der steigende Nutzungsdruck erfordert zukünftig eine intensivierte vorausschauende wasserwirtschaftliche Planung für die mengenmäßige Bewirtschaftung von Grundwasser und Oberflächengewässern. Unsere Flüsse sind durch den Menschen in erheblichem Umfang verändert worden und einem massiven Nutzungsdruck ausgesetzt. Bereits vorhandene, negativ auf die Gewässerqualität wirkende Faktoren werden in der Tendenz durch den Klimawandel verstärkt. Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer erhöhen die Widerstandsfähigkeit der Gewässer egenüber den Auswirkungen des Klimawandels. Naturnahe Gewässer verkraften hohe Temperaturen besser als regulierte Abschnitte. Für die Kleinwasserkraft bedeutet dies zweierlei: Zum einen sind insbesondere die Anlagen im Osten und Südosten des Landes von abnehmenden Abflüssen betroffen. Zum anderen werden auch hier neue Lösungen notwendig sein. Mit der verstärkten Schaffung intakter Lebensräume (dazu unten mehr), macht das Ministerium einen wichtigen und richtigen Vorschlag dazu. Es wäre der falsche Weg einfach nur „mehr Restwasser“ gegen die Auswirkungen des Klimawandels in unseren Gewässern zu fordern. Ein naturnaher Wasserlauf mit einem entsprechenden Bewuchs am Ufer spendet Schatten und hilft, die Erhitzung einzudämmen. Wir sehen aber auch in manchen Regionen die Notwendigkeit, künftig vermehrt Wasserspeicher für landwirtschaftliche Zwecke zu errichten. Diese müssen jedoch klug geplant und betrieben werden und können im besten Fall als Mehrzweckanlage auch als grüne Batterien dienen, und einen Beitrag zum Hochwasserschutz liefern.

 

Schaffung und Erhaltung intakter Gewässerlebensräume

 

Verbesserung der Gewässerstruktur

Für die schrittweisen morphologischen Sanierungsmaßnahmen, die zu einer Wiederherstellung oder Vergrößerung intakter Lebensräume führen, müssen im 3. NGP deutlich höhere Anstrengungen unternommen werden. Um zukünftig umsetzbare, kosteneffiziente und wirkungsvolle ökologische Maßnahmen identifizieren zu können, ist eine verstärkte integrative Planung erforderlich, die sowohl Erfordernisse des Hochwasserschutzes als auch der Gewässerökologie berücksichtigt und Synergien nutzt.

 

Verbesserung der Abflussverhältnisse

Derzeit gibt es ca. 1.700 Restwasserstrecken, in denen der ökologische Mindestabfluss zur Erhaltung des guten ökologischen Zustands noch nicht gegeben ist. Die Wiederherstellung eines Basisabflusses, der die Fischpassierbarkeit und Grundfunktionen sicherstellt, soll bis 2027 in allen Gewässern angestrebt werden. Bei Neuanlagen sowie bei Wiederverleihungen und energiewirtschaftlichen Revitalisierungen von bestehenden Wasserkraftwerken ist durch Festlegung eines ökologischen Mindestwasserabflusses auf Basis der Richtwerte der Qualitätszielverordnung Ökologie der gute ökologische Zustand zu gewährleisten. Darüber hinaus können Anpassungen hinsichtlich einer Dynamisierung erforderlich werden. Die Verluste bei der Stromerzeugung, die durch die Gewährleistung des ökologischen Mindestwasserabflusses entstehen, werden vom BMLRT auf maximal 3% der gesamten Stromerzeugung aus Wasserkraft geschätzt. Doch auch das Ministerium geht davon aus, dass die Verluste für einzelne Anlagen jedoch erheblich höher sein können. Gerade deshalb wird auch ein klug aufgebautes Förderregime im EAG notwendig sein, das auch solche Einbußen berücksichtigt und damit für eine bessere Akzeptanz der Maßnahmen sorgt.

 

 

Verbesserung der Durchgängigkeit

Insgesamt gibt es in den österreichischen Fließgewässern noch mehr als 28.000 nichtfischpassierbare Querbauwerke. Der überwiegende Teil (ca. 85%) der Wanderhindernisse ist auf flussbauliche Maßnahmen im Zuge des Hochwasserschutzes zurückzuführen, ca. 10% auf Wasserkraftnutzung, der Rest entfällt auf Industrie, Aquakultur oder Beschneiung. Etwa 80% aller Wanderhindernisse liegen in Gewässern <100 km². Die Kosten für die Herstellung der Durchgängigkeit an allen Querbauwerken, sofern diese als notwendig und machbar eingestuft wird, werden auf ca. 750 bis 950 Mio. EUR geschätzt. Insgesamt wurden in den beiden ersten Perioden die Durchgängigkeit bei rund 1.900 Querbauwerken wiederhergestellt. Ziel der 3. Planungsperiode ist es nun, eine weitgehende Wiederherstellung der Durchgängigkeit in den Gewässern >100 km² zu erreichen. Neben der Gewässergröße bzw. der Fischregion sollen bei der künftigen Priorisierung weitere Kriterien berücksichtigt werden, wie die mögliche gemeinsame Umsetzung mit anderen Maßnahmen im Bereich der Morphologie und Hydrologie, oder auch die Schaffung von Rückzugs-, Ausweich- und Wiederbesiedlungsmöglichkeiten in Gewässern, die von Temperaturerhöhungen und Abflussänderungen durch den Klimawandel besonders betroffen sind.

 

Langfristig soll jedoch in allen Gewässern (also auch jenen <100 km²) ein unterbrechungsfreier Lebensraum entstehen. Gerade im Zuge von Wiederverleihung wird hier natürlich weiterhin der Stand der Technik zu beachten und dementsprechend auch eine FAH zu errichten sein.

 

 

Feststoffmanagement

Derzeit verfehlen rund 53% der untersuchten Wasserkörper in Gewässern mit mehr als 10 km² Einzugsgebietsgröße den guten ökologischen Zustand aufgrund von hydromorphologischen Belastungen. Diese Belastungen stehen in engem Zusammenhang mit Problemen, die durch Veränderungen im Feststoffhaushalt, Sedimenttransport und der Flussmorphologie entstehen. Stärker in den Fokus gerückt werden die für die Kleinwasserkraft relevanten Themenkomplexe des Feststoffhaushaltes (Geschiebemanagement) und des Eintrages von (Mikro-)Plastik. Hier sind aber bekanntlich noch viele Fragen offen, die in unterschiedlichen Forschungsprojekten wie dem CD-Labor für Sedimentmanagement an der BOKU beantwortet werden sollen.

 

Förderungen

 

Die Umsetzung der Maßnahmen soll weiterhin über Förderungen durch Bund und Länder unterstützt werden. Zusätzlich zu den existierenden und weiterlaufenden Förderungen, wie dem Umweltförderungsgesetz und dem Wasserbautenförderungsgesetz, sollen in der 3. Planungsperiode auch im Rahmen des Programms der ländlichen Entwicklung verstärkt gewässerökologische Investitionsmaßnahmen an Kleingewässern unterstützt werden. Und auch über den nationalen GAP-Strategieplan (GAP: Gemeinsamen Agrarpolitik) ist die Aufnahme einer Maßnahme für gewässerökologische Investitionen im ländlichen Raum vorgesehen, in der unter anderem Maßnahmen an bestehenden Kleinwasserkraftanlagen bis 500 kW zur Verbesserung der Durchgängigkeit gefördert werden sollen. Die Höhe der dafür zur Verfügung stehenden Fördermittel für den Zeitraum 2023-2027 wird erst nach der Genehmigung des GAP-Strategieplans durch die Europäische Kommission feststehen.

 

Und das ist auch gut so. Denn zwar wurde im Sommer 2020, unter der Last des massiven Wirtschaftseinbruchs durch Corona, endlich die lange versprochene Novelle zum Umweltförderungsgesetz beschlossen und damit zusätzlich 200 Mio. Euro für die Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustandes der Gewässer bis Ende 2027 zur Verfügung gestellt. Doch dieser Topf ist für alle Maßnahmen an Gewässern gedacht, also auch morphologische Verbesserungen. Doch allein die Schaffung der Durchgängigkeit mit den prognostizierten 750-950 Mio. Euro würde diesen Topf deutlich überschreiten. So bleibt zu hoffen, dass durch zusätzliche Förderschienen deutlich mehr Investments in eine nachhaltige Wasserwirtschaft in Österreich unterstützt werden und damit auch mehr Gewässer als gerade einmal 3,5%, wie in der letzten Planungsperiode in Österreich, über die Ziellinie „guter Zustand“ kommen. Dies wird aber nur zu erreichen sein, wenn endlich auch andere Gewässernutzer in ausreichendem Umfang in die Maßnahmen eingebunden werden bzw. diese Nutzer ebenfalls Maßnahmen setzen müssen.

 

Information:

 

Bis 23. September 2021 besteht die Möglichkeit zur Stellungnahme zum 3. NGP, für Fragen wenden Sie sich gerne an unser Kleinwasserkraft Österreich Team. Informationen des Ministeriums unter: http://wisa.bmlrt.gv.at