Kleinwasserkraftforschung an der Technischen Universität Graz

Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen bietet breitgefächertes Portfolio für die Branche

Das Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen der Technischen Universität Graz gehört zu den führenden universitären Forschungseinrichtungen im Bereich hydraulische Strömungsmaschinen und Anlagen. Es genießt als unabhängiges Strömungslabor einen sehr guten Ruf in der deutschsprachigen Wasserkraftbranche und ist in der europäischen Pumpenbranche aufgrund seines kundenorientierten Forschungsansatzes seit vielen Jahren bekannt.

 

Neben der klassischen Lehrtätigkeit an der Universität werden auch berufsbegleitende Studiengänge und Weiterbildungsprogramme zu hydraulischen Maschinen und Anlagen angeboten. Sowohl die Grundlagenforschung als auch die Analyse und Optimierung von hydraulischen Systemen – bestehend aus Maschinen, Absperrorganen und Rohrleitungen sowie den zugehörigen Komponenten – sind wesentliche Arbeitsschwerpunkte des Instituts. Nach wie vor ist die Wasserkraft die ressourcenschonendste Erneuerbare Energieform, sofern neben der Stromerzeugung auch die Anlagenherstellung und -installation betrachtet werden – wobei gleichzeitig der höchste Wertschöpfungsbeitrag in Österreich generiert wird.

 

Voruntersuchungen und Optimierung

 

Bedauerlicherweise wird hydraulischen Maschinen beim Entwurf einer Kleinwasserkraftwerksanlage bzw. bei deren Überholung oder Ertüchtigung vielfach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, weil der Einfluss einer treffsicheren Maschinenauslegung auf die erzielbare Jahresarbeit und damit auf die Wirtschaftlichkeit eines Kleinwasserkraft-Standortes unterschätzt wird. Zwar stellen die Kosten der Maschinen üblicherweise lediglich einen geringen Teil der Gesamtinvestition dar, jedoch ist die Maschinenwahl für den Betrieb der Kraftwerke und die erzielbare Jahresarbeit entscheidend. Dies zeigt allein schon der Vergleich der Wirkungsgradkurven verschiedener Maschinentypen. Doch auch weitere Betriebsparameter, wie die Laufruhe und das Schwingungsverhalten, die Kavitation und nicht zuletzt der betriebliche Wartungsaufwand können die Gesamtwirtschaftlichkeit erheblich beeinflussen.

 

Demzufolge ist eine hydraulische Voruntersuchung, insbesondere im Hinblick auf die Maschinen, bei der Beurteilung des Potenzials eines Standortes und zur Gewährleistung einer vorteilhaften Maschinenauswahl von entscheidender Bedeutung. Es ist unseren Experten durch detaillierte Untersuchungen und Optimierungen im Rahmen unzähliger Projekte gelungen, die erzielbare Jahresarbeit von Kraftwerksstandorten deutlich zu erhöhen – sowohl bei Neubau- als auch bei Refurbishmentprojekten sowie im Zuge von Instandsetzungsarbeiten. In jedem Fall ist zur Zielerreichung eine Einzelfalluntersuchung erforderlich, ist doch jede Anlage auf die speziellen Gegebenheiten vor Ort zugeschnitten und daher einzigartig. Basierend auf den für einen Kraftwerkstandort vorhandenen Abflussdaten kann eine Variantenuntersuchung durchaus interessante Ergebnisse und die für eine Entscheidung erforderlichen Informationen liefern. Diesbezüglich fühlen wir uns als unabhängiges Institut, ausschließlich unseren Auftraggebern verpflichtet und nicht allfälligen Planungsbüros oder Maschinenlieferanten.

 

Numerische Simulation

 

Die numerische Simulation hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen Element in der strömungstechnischen Analyse und Forschung entwickelt, erlaubt sie doch einen detaillierten Blick in die Strömungsvorgänge von Maschinen und Absperrorganen. Mit ihr als Hilfsmittel können Bereiche von Maschinen für die strömungstechnische Analyse zugänglich gemacht werden, die in hydraulischen Modellversuchen bisher verborgen geblieben sind. Auch sehr komplexe mehrphasige Vorgänge, wie Kavitation oder die Strahlausbildung, die Strömungsberechnung in Laufrädern von Peltonturbinen oder die Fluid-Struktur-Interaktion lassen sich heutzutage sehr realitätsnah und entsprechend exakt nachbilden. Numerische Strömungssimulationen – sowohl ein- als auch dreidimensionale – ermöglichen in stationärer und transienter Betrachtungsweise eine effiziente, zielgerichtete Analyse und Optimierung von hydraulischen Maschinen und kompletten Systemen. Dadurch gelingt die Entwicklung von kostengünstigen maßgeschneiderten Maschinenhydrauliken selbst für kleinere Kraftwerksstandorte. Der Quervergleich zwischen experimentellen und den mit Hilfe unserer numerischen Werkzeuge berechneten Ergebnissen ist Gegenstand der laufenden Evaluierungs- und Qualitätssicherungsprozesse an unserem Institut.

 

Prüfstandsforschung

 

Das Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen verfügt über einen leistungsfähigen, IEC-konformen 4-Quadranten-Modellprüfstand zur wissenschaftlichen Wirkungsgradmessung von Turbinen und Pumpen. An diversen Kleinprüfständen, die jeweils nach Bedarf an die gegebenen Anforderungen angepasst werden können, werden Detailprobleme labortechnisch untersucht und Langzeitversuche an wichtigen Bauteilen von Turbinen, beispielsweise Gleitringdichtungen oder Leitschaufelzapfendichtungen, durchgeführt.

 

Die moderne Ausstattung unseres Labors erlaubt eine effiziente Durchführung von hydraulischen Versuchen und die Visualisierung von essentiellen Strömungseffekten für Forschung und Lehre. Für den Praxisbezug und die Industrietauglichkeit unserer Arbeitsergebnisse sind wir über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Im Rahmen der realisierten Modellversuche testen wir neueste Fertigungstechnologien im Wasserkrafteinsatz. Es kommen sowohl 3D-gedruckte als auch lasergesinterte Laufräder sowie Spiralen und Verteilrohrleitungen aus Verbundwerkstoffen zum Einsatz, die ihre Tauglichkeit absolut bewiesen haben. Von unseren Experten eigens entwickelte hydrostatische Modelllagerungen ermöglichen das Messen von Axialkräften und Wirkungsgraden im höchsten Genauigkeitsbereich.

 

Anlagenmessung

 

Mittels Anlagenmessungen stellen wir die Praxistauglichkeit wissenschaftlicher Messmethoden unter Beweis. Das Institut verfügt sowohl über das erforderliche Equipment für thermodynamische Wirkungsgradmessungen und die Anwendung der Gibson-Methode als auch über die notwendige Ausstattung für Flügelmessungen oder präzise, vierpfadige Ultraschall-Durchflussmessungen zur Bestimmung des Prototypwirkungsgrades von Maschinen. Systeme zu Schall-, Schwingungs- und Vibrationsmessungen vervollständigen unser Werkzeugportfolio. Vielfach dienen Anlagenmessungen dazu, für die Inanspruchnahme von staatlichen Zuschüssen oder zur Erzielung besserer Einspeisetarife den tatsächlichen Anlagenwirkungsgrad bei der Inbetriebnahme nachzuweisen. Doch auch Maschinenhersteller können auf diese Weise einen Nachweis für das Erzielen vertraglich festgelegter Garantiedaten (die häufig Gegenstand von Pönalvereinbarungen sind) erbringen. Außerdem sind Anlagenmessungen dazu geeignet, mit Hilfe des Winter-Kennedy-Verfahrens die Lauf- und Leitradzuordnung von doppelt regulierten Maschinen zu optimieren und dadurch zur bestmöglichen Ausnutzung der hydraulischen Gegebenheiten des spezifischen Anlagenstandortes beizutragen.

 

Gutachten und Expertisen

 

Anlagenbezogene Schadensanalysen und Trouble-Shooting runden unser Portfolio ab. Dabei stellen wir unser profundes theoretisches Grundlagenwissen unter Beweis und wenden zusätzlich unsere aktuellen Forschungserbnisse für praktische Problemlösungen an. Gemeinsam mit allfälligen Streitparteien versuchen wir im Schadensfall eine sachliche Gesprächsbasis, basierend auf der technischen Faktenlage, zu erarbeiten und darauf aufbauend eine Lösung unter Berücksichtigung aller relevanten Randbedingungen anzubieten.

 

In Verfahren zur Neugenehmigung von Anlagen, jedoch auch zur Wiederverleihung von Wasserrechten, gewinnt die Gewässerökologie zusehends an Bedeutung. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die durch die Qualitätszielverordnung und den nationalen Gewässerplan in nationales österreichisches Recht umgesetzt wurde, definiert als Qualitätszielvorgabe ein gutes ökologisches Potenzial bzw. einen guten ökologischen Zustand für vom Menschen veränderte bzw. naturbelassene Gewässer. Dies betrifft Wasserkraftanlagen insbesondere hinsichtlich der Restwasserdotation und in Bezug auf zulässige Schwall- und Sunk-Ereignisse. Vor allem bei kleinen und sehr kleinen Anlagen können die Auswirkungen von erhöhten Dotierwasservorschreibungen zum Erreichen eines guten ökologischen Potenzials auf die Erlössituation dramatisch sein. Gegenmaßnahmen sind allenfalls durch eine Betriebsoptimierung oder eine Wirkungsgradverbesserung der Anlage möglich.

 

Und auch die Fischdurchgängigkeit steht seit einiger Zeit verstärkt im Mittelpunkt des Interesses, wenn eine Verbesserung der Gewässerökologie angestrebt wird. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der stromabwärts gerichteten Fischwanderung durch die Turbinen. Es werden Forschungen an Lebendobjekten durchgeführt, um das Schädigungspotenzial der jeweiligen Turbinen zu eruieren, und die Ergebnisse werden mit numerischen Modellen verglichen. Die hydraulische Forschung versucht diesem Umstand durch besonders fischfreundliche Designs bei gleichzeitig hohen Wirkungsgraden Rechnung zu tragen, weshalb die gesamte Maschine in der numerischen Simulation erfasst wird. Die zeitabhängige Berechnung, kombiniert mit einem Partikelverfolgungsmodell, liefert in der Folge die Grundlage zur Bestimmung des Wanderweges in der Maschine und ermöglicht ein Quantifizieren der Verletzungsmechanismen.

 

Kontakt:

 

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Peter Meusburger

Tel.: +43 316 873-7570 | peter.meusburger@tugraz.at

Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Helmut Benigni

Tel.: +43 316 873-7578 | helmut.benigni@tugraz.at

 

Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen

Technische Universität Graz

Kopernikusgasse 24/IV, 8010 Graz