Kleinwasserkraft Österreich im Gespräch
mit Staatssekretär Dr. Magnus Brunner

Als Energiestaatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ist Dr. Magnus Brunner mitverantwortlich für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). Der vormalige Vorstand der OeMAG (Abwicklungsstelle für Ökostrom AG) konnte dabei auf langjährige praktische Erfahrung im Ökostromausbau zurückgreifen. Welchen Einfluss seine Expertise auf die Entstehung des EAG hat, war aber nur eine der Fragen, die wir an ihn hatten.

© Jakob Glaser / BMK

KÖ: Sie waren 13 Jahre lang als Vorstand der OeMAG intensiv mit dem Ökostromausbau beziehungsweise der Umsetzung des Ökostromgesetzes 2012 (ÖSG) beschäftigt. Wie viel Ihrer (positiven wie negativen) Erfahrungen mit dem ÖSG konnten Sie im EAG einbringen, um dieses zu verbessern?

 

Brunner: Bei der OeMAG habe ich tagtäglich mit dem Ökostromgesetz gearbeitet. Ich habe gesehen, was gut funktioniert hat und wo es Nachbesserungsbedarf gibt. Diese Erfahrung und Expertise habe ich natürlich bei den Verhandlungen zum EAG eingebracht. Besonders wichtig ist mir eine einfache Anwendbarkeit und Praxistauglichkeit. Genauso braucht es klare, verständliche und gut administrierbare Regelungen, damit sich jeder auskennt und sich auf den Ausbau der erneuerbaren Energieträger konzentrieren kann. 

 

KÖ: Von Seiten der Erneuerbaren Verbände gab es zwar einerseits viel Lob für den Entwurf des EAG, andererseits wurde aber auch bei einigen Punkten Kritik geübt. Nachdem nun alle Stellungnahmen gesichtet und eingearbeitet wurden, sind aus Ihrer Sicht alle Fragen und Streitpunkte aus der Welt geschafft? 

 

Brunner: Ich glaube wir haben grundsätzlich einen ausgewogenen Entwurf vorgelegt. Die Begutachtung war aber sehr ernst gemeint, wir wollten Feedback und haben uns mit den zahlreichen Stellungnahmen intensiv beschäftigt – und den Entwurf demensprechend angepasst und hoffentlich auch verbessert. Natürlich ist ein Gesetz immer auch ein politischer Kompromiss, aber mir war wichtig, die Sachebene und die Qualität an erste Stelle zu setzen. Aber es werden nie alle Streitpunkte aus der Welt geschafft sein, es wird immer unterschiedliche Prioritäten und Schwerpunkte geben, das ist bei so einer wichtigen Materie in einer Demokratie auch gut so. Wichtig ist aber, dass wir nun bald in die Umsetzung kommen. Ich bin überzeugt, dass das EAG dafür einen guten Rahmen bietet, damit wir den beschleunigten aber auch kosteneffizienteren Ausbau der erneuerbaren Energieträger schaffen. 

 

KÖ: Von Kleinwasserkraft Österreich bleibt die Kritik an den ökologischen Kriterien als Fördervoraussetzung bestehen. Sie sind aus unserer Sicht ein unnötiger Mehraufwand in der Verwaltung, da Ökologie und Naturschutz bereits im Bewilligungsverfahren zu behandeln sind. Ärgert Sie eine solche Bürokratie als Vertreter der Wirtschaftspartei ÖVP nicht?

 

Brunner: Die nun vorliegenden ökologischen Kriterien bei der Wasserkraft sind ein politischer Kompromiss, der aus meiner Sicht durchaus vertretbar ist. Es ist kein Geheimnis, dass ich auch gänzlich auf zusätzliche Kriterien hätte verzichten können, da wie Sie richtig sagen, diese Themen bereits in den Genehmigungsverfahren abgehandelt werden. Aber entscheidend ist ja, dass das ambitionierte Ausbauziel von 5 TWh bis 2030 trotzdem erreichbar bleibt – das sollte gewährleistet sein. Wenn man bedenkt, welche Vorschläge im Raum standen, ist der Kompromiss hoffentlich auch für die Branche zähneknirschend zu akzeptieren.  

 

KÖ: Gehen Sie davon aus, dass auch das EAG zukünftig zu novellieren sein wird, um in gewissen Bereichen nachzubessern? Das ÖSG 2012 hatte immerhin bis dato 4 Novellierungen nötig. Oder ist das Gesetz aus Ihrer Sicht in der derzeitigen Form ambitioniert genug, um 100% Ökostrom im Jahr 2030 zu gewährleisten?

 

Brunner: Das wird sich zeigen. Ich glaube wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und nun ein besseres, praxistauglicheres Gesetzpaket vorgelegt. Ich hoffe daher schon, dass nun auch für längere Zeit Planungs- und Rechtssicherheit einkehrt. Auf Grund der Erfahrung der letzten Jahre würde ich aber nicht gänzlich ausschließen, dass die eine oder andere kleinere Novelle bis 2030 notwendig sein wird. 

 

KÖ: Die Vergangenheit hat mit teils extremen Marktverwerfungen gezeigt, dass eine Investitionsförderung keine ausreichende Sicherheit für Kleinwasserkraftprojekte bietet. Eine solche Planungssicherheit ist für viele jedoch der Schlüssel für ein funktionierendes EAG. Warum wurde das im ersten Entwurf bei Revitalisierungen nicht berücksichtigt und lediglich eine Investitionsförderung festgeschrieben? Und kann die Kleinwasserkraft mit einem EAG rechnen, dass eine solche Investitionssicherheit bietet?

 

Brunner: Wir haben uns im EAG für einen Mix aus Marktprämien, die teilweise administrativ und teilweise wettbewerblich ermittelt werden und Investitionsförderungen entschieden. Wichtig war mir, dass es technologiespezifische, maßgeschneiderte Lösungen gibt, die einerseits zu besseren Rahmenbedingungen für Investoren und Anlagenbetreiber führen und andererseits die Kosteneffizienz und Treffsicherheit des Systems erhöhen. Ich glaube das ist uns mit dem nun vorliegenden Gesetz gut gelungen. Bei der Revitalisierung der Wasserkraft haben wir die Bedenken der Branche verstanden und deutlich nachgebessert, damit auch hier eine Betriebsförderung möglich ist.

 

KÖ: Warum soll man als ErzeugerIn Netzzutrittsentgelt bezahlen, wenn es doch die Verpflichtung der NetzbetreiberInnen ist, ihr Netz vorausschauend zu planen und sie dies auch über die Netzkosten entschädigt bekommen? Die potenziellen Standorte für Ökostromerzeuger sind ja meist durch die Natur vorgegeben und somit auch bekannt. Ist das nicht auch eine Benachteiligung privater ErzeugerInnen im Vergleich zu LandesversorgerInnen, bei denen über eine Holding ErzeugerIn und NetzbetreiberIn verbunden sind?

 

Brunner: Wir haben mit dem EAG-Paket auch einige Änderungen in diesem Bereich beschlossen. Ziel dieser neuen Regelungen sind einerseits die Transparenz zu erhöhen, und andererseits den Netzzutritt für erneuerbare Anlangen zu vereinfachen und zu begünstigen. Gerade im Bereich des ElWOG ist aber auch noch eine zweite Novelle zur Umsetzung des Clean Energy Packages in Planung. Da könnte man auch über Änderungen bei den Netzentgelten nachdenken, das sollte aber immer ein Gesamtpaket sein.

 

KÖ: Was können aus Ihrer Sicht die Energiegemeinschaften zum Erreichen der Ziele beitragen? 

 

Brunner: Ich sehe darin eine riesige Chance. Das ist aus meiner Sicht ein Herzstück des Gesetzes – damit geben wir all den Menschen in Österreich die Möglichkeit sich aktiv am Klimaschutz zu beteiligen. Jeder und jede kann mitmachen und dabei den eigenen Strom für sich selbst und Nachbarn, Freunde und Kollegen erzeugen. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben uns die Abhängigkeit von internationalen Märkten vor Augen geführt – die starken Beteiligungsmöglichkeiten für private Haushalte, Gemeinden und auch Unternehmen, machen die heimische Energieversorgung unabhängiger. Energiegemeinschaften werden auch maßgeblich zur erhöhten Akzeptanz in der Bevölkerung beitragen, das ist aus meiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg der Energiewende. Wir werden nur dann Erfolg haben, wenn alle mitziehen und jeder einen Beitrag leistet.

 

KÖ: Im Auftrag der Regierung werden in der Taskforce zur ökosozialen Steuerreform aktuell verschiedene Modelle für eine CO2-Bepreisung diskutiert, laut Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler (Grüne) soll diese 2022 kommen. Wie realistisch ist eine adäquate CO2-Bepreisung in den kommenden Jahren, und welches Modell wird aus heutiger Sicht als das sinnvollste erachtet?

 

Brunner: Die ökosoziale Steuerreform wird aktuell zwischen Bundesministerin Gewessler und Bundesminister Blümel besprochen. Dafür wurde eine Task Force eingesetzt, die an diesen Themen intensiv arbeitet. Ein erster Teil wurde bereits kürzlich vorgestellt, darunter fällt unter anderem die Ökologisierung der Normverbrauchsabgabe NoVA, ein ermäßigter Steuersatz für Reparaturleistungen und die Unterstützungen für einen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrrad im betrieblichen Bereich.

 

KÖ: Zuletzt gab es in der Wasserkraftbranche einigen Wirbel um die Taxonomie Verordnung der EU, wo eine „Experten-Kommission“ die Wasserkraft als „Brückentechnologie“ klassifiziert hat, was massive Auswirkungen auf die Technologie hätte. Wird sich die Bundesregierung in Brüssel dafür einsetzen, dass diese Fehleinschätzung dieser Kommission repariert wird?

 

Brunner: Eine Einstufung der Wasserkraft als Brückentechnologie wäre schlichtweg inakzeptabel. Daher habe ich mich in einem Brief an die zuständige Kommissarin gewandt und an sie appelliert von dieser Einschätzung abzusehen und Wasserkraft nicht auf eine Stufe mit fossiler Energie oder Atomkraft zu stellen. Der Appell, der von Seiten der Wasserkraft-Wirtschaft in Österreich und anderen Ländern massiv unterstützt wurde, war erfolgreich! Die EU-Kommission hat in einem ersten Schritt von der Benachteiligung der Wasserkraft abgesehen. Wir werden uns natürlich auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Empfehlung dem Konsultationsprozess standhält. Denn die Wasserkraft ist eine klimafreundliche Technologie und Grundstein für eine nachhaltige Energiezukunft in Österreich und Europa!

 

Wir danken für das Gespräch.