Betriebskosten eines Kraftwerks richtig kalkulieren

Mit welchen jährlichen Kosten gerechnet werden kann

Die Investitionskosten von Kleinwasserkraftwerken werden meist im Zuge der Planung sehr genau bestimmt. Die jährlich anfallenden Betriebskosten (oder auch Betriebsausgaben genannt) sind hingegen schwerer abzuschätzen und werden oft vernachlässigt. Diese können jedoch, abhängig von der Anlage und äußeren Faktoren, stark schwanken und liegen in etwa zwischen 1 und 4% der Gesamtinvestition. Damit ist die Höhe der Betriebskosten ein relevanter Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg des Projekts. Insbesondere die anfallenden Eigenleistungen werden oft unterschätzt und sollten ausreichend dokumentiert und in der Bilanz entsprechend berücksichtigt werden.

 

In den vergangenen Monaten erreichten uns immer wieder Anfragen zum Thema Betriebskosten, weshalb wir uns hier nun etwas genauer mit dem Thema beschäftigen wollen. Dabei gehen wir auf drei verschiedene Quellen ein: eine Umfrage der ISKB aus der Schweiz aus dem Jahr 2015, eine „Marktanalyse zur Verbreitung von Ausschreibungen“ aus Deutschland (ebenfalls 2015), sowie das Betriebskostentool der OeMAG, welches auf einer Analyse der Österreichischen Energieagentur von 2009 beruht. Wir wollen diese drei Arbeiten analysieren und anhand einer fiktiven 100 kW Anlage vergleichen und damit auch aufzeigen, wie unterschiedlich die Betriebskosten im Einzelfall sein können.

 

Umfrage der Betriebskosten Schweiz

 

Bei der Umfrage über die Betriebs- und Unterhaltskosten bei Kleinwasserkraft der ISKB (Interessenverband Schweizerische Kleinkraftwerk-Besitzer, heute Swiss Small Hydro) im Jahr 2015, wurde nach dem Administrativen Aufwand, dem Aufwand für den Betrieb und Unterhalt der Anlage und nach den durchschnittlichen Reparaturkosten gefragt.

 

 

Die Auswertung der 126 ausgefüllten Fragebögen ergab Folgendes:

 

  • Leistungsabhängigkeit der Unterhaltskosten: Je größer die Anlage, desto höher der Aufwand für Betriebs- und Unterhaltskosten, - aber auch desto tiefer die spezifischen Kosten pro Kilowatt für Betriebs- und Unterhaltskosten.
  • Die Fallhöhe hat erheblichen Einfluss auf die Kosten für Betriebs- und Unterhaltskosten: Je grösser die Fallhöhe (und damit je kleiner die zu kontrollierenden Wassermassen), desto tiefer fallen die Kosten für Betriebs- und Unterhaltskosten aus.
  • Reparaturkosten: Je grösser die Anlage, desto höher der Aufwand für Reparaturen – aber auch desto tiefer die spezifischen Reparaturkosten pro Kilowatt. Und je grösser die Fallhöhe, desto tiefer fallen die Reparaturkosten aus. Im Leistungsbereich 50 bis 300 kW ist die Aussage über die Höhe jedoch genau umgekehrt.

 

Damit lässt sich sagen, dass je kleiner die Anlage ist, desto höher die jährlichen Kosten pro kW sind. Dies bedeutet, dass besonders die Kleinwasserkraftwerke einen hohen Anteil an jährlichen Fixkosten haben. Für eine Anlage mit 100 kW können laut Bericht Betriebskosten von rund 670 CHF/kW angenommen werden. Angepasst an den Preisniveauindizes (56,7%) in Österreich und einem Wechselkurs von 0,9 ergeben sich Kosten von rund 26.110 € Betriebskosten pro Jahr für eine 100 kW Anlage.

 

Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen (Deutschland)

 

In der Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen aus dem Jahr 2015 wurden unter anderem auch die Betriebskosten von Wasserkraftwerken untersucht. Dabei wurden die Betriebskosten nach Ende der Abschreibungszeit für Instandhaltung, Versicherungen, Verwaltung, Pacht und Unvorhergesehenes erhoben.

 

In der Tabelle werden die Kosten für eine 100 kW Anlage aufgezeigt; die Angaben wurden aus der Marktanalyse übernommen. Diese sind mit 26.200 € fast ident mit den Angaben aus der Schweiz.

Berechnungstool der OeMAG

 

Von der OeMAG gibt es das Excel Berechnungstool: „Muster Wirtschaftlichkeitsrechnung Kleinwasserkraft Neuanlage (gemäß FRL 2018-2020)“. Dieses basiert auf der Studie „Betriebskosten von Kleinwasserkraftanlagen in Österreich“, welches sich wiederum vor allem auf ältere Daten und Erhebungen aus dem Jahr 2000 und davor bezieht. Die Kosten wurden für die Berechnung mit mehreren statistischen Indizes und Preisentwicklungen für das Jahr 2009 umgerechnet.

 

Die Betriebskosten nach der OeMAG beinhalten die Personal- und Materialkosten, Steuern, Lizenzkosten und Netzkosten. Um möglichst eine große Objektivität zu gewährleisten, wurden jedoch die Kosten für Miete, Pacht und dergleichen nicht im Tool beachtet, da diese und andere privatrechtliche Verträge unterschiedlichste Laufzeiten und Konditionen haben können.

 

Im Excel-Berechnungstool der OeMAG lassen sich die Betriebskosten einfach und schnell abschätzen. Dafür muss nur die Engpassleistung in kW eingegeben werden. Für die Berechnung der Gesamtbetriebskosten wurden die relevanten Kostenarten von europäischen Kraftwerken, die unter ähnlichen Bedingungen betrieben werden, herangezogen und verglichen.

 

In der Tabelle sind beispielhaft die Betriebskosten verschiedener EPL angegeben. Diese Werte wurden aus dem Berechnungstool der OeMAG übernommen Für den Vergleich mit den Jahren 2015 und 2021 wurden die Angaben aus dem Jahr 2009 mittels einer jährlichen Inflationsrate von 1,83 % berechnet.

 

Vergleich

 

Laut Umfrage liegen die jährlichen Betriebskosten einer 100 kW Anlage in der Schweiz bei rund 26.110 €, in Deutschland liegen diese Kosten bei 26.200 € und in Österreich laut der OeMAG bei nur rund 7.954 €, also bei gerade einmal einem Drittel der Kosten in unseren Nachbarländern.

 

Dabei ist zu beachten, dass die Datengrundlage der OeMAG bereits in die Jahre gekommen ist und sich in den letzten Jahren sicher einiges an der Kostenstruktur verändert hat. Damals gab es vermutlich noch weniger Anlagen, die eine Fischaufstiegshilfe zu warten hatten oder so umfassend versichert waren wie heute.

 

Auch sind Pachtbeträge, Entschädigungen etc. in den vergangenen Jahrzehnten stärker gestiegen als die durchschnittliche Inflation. Im Vergleich zur deutschen Erhebung macht dies aber noch lange nicht den gesamten Unterschied aus. Es kam (und kommt) hierzulande wohl auch des Öfteren zu einer Unterschätzung der eigenen Arbeitsleistung und der anfallenden Instandhaltung- und Reparaturkosten.

 

Gleichermaßen kann gesagt werden, dass die Betriebskosten in Österreich im Mittel wohl geringfügig niedriger sind als in Deutschland, aufgrund des höheren Anteils von Hochdruckanlagen, die laut schweizer Daten, und auch gemäß unseren Erfahrungen etwas günstiger im Betrieb sind. In der Schweiz werden wohl auch die Lohnkosten stärker zu berücksichtigen sein müssen. Doch all das kann den hohen Unterschied zu Österreich nicht erklären.

 

Persönlich erbrachte Leistungen nicht vergessen!

 

Das heißt für Betreiber*innen: Vergessen Sie bei den Betriebsausgaben nicht auf ihre persönliche Arbeitszeit und andere Eigenleistungen. Beispielsweise die wöchentliche Kontrolle vor Ort. Auch die Anfahrtszeit kann in die Betriebskosten aufgenommen werden. Diese Betriebsausgaben können durch schriftliche Belege bzw. Eigenbelege nachgewiesen werden. Lässt sich die Höhe der Betriebsausgaben nicht genau ermitteln oder berechnen, besteht für die Finanzbehörde die Möglichkeit der Schätzung. Betriebsausgaben können auch abgesetzt werden, das heißt steuerlich geltend gemacht werden. Sie werden von den Einnahmen abgezogen und reduzieren damit den zu versteuernden Gewinn. Der Gewinn ist wiederum die Bemessungsgrundlage für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, aber auch für allfällige Verpflichtung einer Sozialversicherung.

 

Fazit

 

Betriebskosten so weit wie möglich optimieren, aber auch realistisch ermitteln. Natürlich macht es Sinn, mit moderner Technologie, die eigenen Betriebskosten so weit wie möglich zu senken. Gerade bei weiten Anfahrtswegen, und wenn man nicht immer sofort vor Ort sein kann, sind auch Fernwartungseinrichtungen zu überlegen. All das ist selbstverständlich eine Kosten-Nutzenfrage. Gleichzeitig sind Betreiber*innen aber auch gut beraten, ihre eigenen Aufwendungen zu dokumentieren und entsprechend zu verbuchen.