Klimaorientierte Konjunkturpolitik in Österreich

Signifikanter Beitrag von Wasserkraft

Neue Studie zeigt, dass der Ausbau von Erneuerbarer Energie in Österreich einen bedeutenden Konjunkturmotor darstellt und beziffert die positiven Ausprägungen für Beschäftigung, Bruttoinlandsprodukt und CO2-Reduktionen.

Die Studie „Wirtschaftswachstum und Beschäftigung durch Investitionen in Erneuerbare Energien“ des Energieinstitutes an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz zeigt, dass der Ausbau von Erneuerbarer Energie in Österreich einen bedeutenden Konjunkturmotor darstellt und beziffert die positiven Ausprägungen für Beschäftigung, Bruttoinlandsprodukt und CO2-Reduktionen. Wasserkraft spielt dabei aufgrund der hohen heimischen Wertschöpfung eine signifikante Rolle.

 

Notwendige Verknüpfung von Konjunktur- und Klimapolitik

Österreich und die Europäische Union stehen aktuell vor der Herausforderung wirksame und effiziente Maßnahmen zur Bekämpfung des COVID-19-bedingten Wirtschaftseinbruchs zu setzen, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Wertschöpfung wieder zu steigern. 

 

In der Diskussion über Konjunkturpakete wird oftmals plädiert, dass diese vor allem zweckgerichtet, umgehend umsetzbar und von temporärer Dauer sein sollten. Somit könnte kurzfristig der Konsum der privaten Haushalte und die unternehmerische Investitionstätigkeit durch Transfers und/oder Investitionsprämien stimuliert werden, sodass eine wirtschaftliche Rezession bezwungen werden kann. Im Gegensatz dazu verfolgt die Umwelt- und Klimapolitik im Rahmen der Energiewende einen Ansatz, welcher mittel- bis langfristig positive Impulse für das Wirtschaftssystem gibt. Vor diesem Hintergrund hat das Energieinstitut an der JKU Linz im Rahmen einer eigenfinanzierten Studie die volkswirtschaftliche Rentabilität von Investitionen durch den Ausbau von ausgewählten Erneuerbaren Energien untersucht. Die zugrunde liegenden Daten wurden anhand von Fragebögen über den Dachverband Erneuerbare Energie direkt bei den Verbänden der Erneuerbaren Technologien gesammelt. Erhoben wurden die Ausbaupläne der zehn relevanten Technologien (Biogas, Biomassewärme, Biomasse-KWK, Geothermie oberflächennah/tief, Photovoltaik, Solarthermie, Pumpspeicherkraftwerke, Wasserkraft und Windkraft)  bis 2030 und welche Investitionen dafür nötig wären. Diese wurden dann in ein am Energieinstitut an der JKU Linz entwickeltes volkswirtschaftliches Simulationsmodell eingespeist. In den Simulationen wurden Ausbauszenarien für die Technologien im Ausmaß von gesamt 42 TWh sowie von 3,6 GW an erforderlicher Stromspeicherleistung betrachtet. Die 42 TWh entsprechen dem im aktuellen Regierungsprogramm definierten Ausbauziel für Strom aus Erneuerbaren von 27 TWh, sowie zusätzlichen 15 TWh für die Sektoren Wärme, Mobilität und Industrie. 

 

 

Es zeigt sich, dass der Ausbau aller betrachteten Technologien zur Produktion und Speicherung von Erneuerbarer Energie in Österreich einen bedeutenden Konjunkturmotor darstellt. Kurz- und langfristig ergeben sich durch den forcierten Umstieg auf Erneuerbare in Österreich positive Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und vor allem auch auf die Beschäftigung. Durch die simultane Reduktion von CO2 e-Emissionen wird die gewünschte Doppelte Dividende - gesamtwirtschaftlicher Nutzen bei gleichzeitig positiven ökologischen Effekten (hier weniger CO2 e-Emissionen) erreicht. Dies zeigt, dass eine Verknüpfung von Konjunktur- und Klimapolitik effektiv und zielführend im Kontext der Bekämpfung der durch die COVID-19-Krise ausgelösten schweren Rezession sein kann.

 

Bei jährlichen Investitionen von 4,5 Mrd. Euro erhöht sich das BIP pro Jahr durchschnittlich um 9,8 Mrd. Euro. Dies ergibt sich einerseits aus der Errichtung neuer und dem Ausbau bestehender Anlagen sowie deren Betrieb. Andererseits geht mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien auch ein Rückgang der (fossilen) Energieimporte einher – was zugleich weniger Wertschöpfungsabflüsse ins Ausland bedeutet. Durchschnittlich könnten im Zeitraum 2020 bis 2030 pro Jahr zusätzlich mehr als 100.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert werden.

 

Ausbau von Wasserkraft als Konjunkturmotor in Österreich

Wasserkraft spielt in dem oben beschriebenen Paket von grünen Stimuli eine bedeutende Rolle. In der Studie des Energieinstitutes an der JKU Linz wurde ein zusätzlicher Ausbau der Stromproduktion aus Kleinwasserkraft von 3 TWh bis 2030 durch Revitalisierung und Neubau betrachtet. Um die im EAG geplante Erhöhung der Erzeugungskapazität bis 2030 von 5 TWh zu erreichen, wurde zudem der Ausbau der Großwasserkraft um zusätzlich 2 TWh bis 2030 berücksichtigt.

Die zur Umsetzung des betrachteten Ausbaues von Wasserkraft notwendigen Investitionen belaufen sich laut Angaben des Verbandes Kleinwasserkraft Österreich im Zeitraum 2020 bis 2030 auf durchschnittlich ca. 0,7 Mrd. Euro pro Jahr. Um die volkswirtschaftlichen Impulse detailliert darstellen zu können, wurden die Investitionen verschiedenen Wirtschaftssektoren (Sachgütererzeugung, Bau, Dienstleistungen) zugeschrieben, und es wurde erhoben, wie hoch der österreichische Wertschöpfungsanteil bzw. die Importquote ist. Die Datenerhebung zeigt, dass die notwendigen Technologien, Baumaßnahmen und Dienstleistungen für den weiteren Ausbau der Wasserkraft sehr hohe heimische Wertschöpfungsanteile (zwischen 95 und 100%) aufweisen. Investitionsimpulse, welche aufgrund dieser hohen Wertschöpfungsanteile sehr stark wirken, kurbeln die Konjunktur im Rahmen der notwendigen Produktion von Technologiekomponenten, Errichtung der Anlagen sowie Dienstleistungen während der Planungs- bzw. Initiierungsphase an.

 

Weiters fließen durch die Einfuhr der fossilen Brennstoffe in der konventionellen Energieversorgung Erlöse größtenteils ins Ausland ab. Demgegenüber ist die Wasserkraft stärker heimisch verwurzelt, da diese Energiequelle in ausreichendem Maß für den Ausbau vorhanden ist, und kann somit positive Effekte auf die Leistungsbilanz generieren.

Letztendlich zeigen die Simulationsanalysen des Energieinstitutes an der JKU Linz, dass der Ausbau der Wasserkraft und die daraus resultierenden Investitionen sowie die heimisch produzierte Energie ein zusätzliches BIP von 2,2 Mrd. Euro sowie mehr als 33.000 zusätzliche Beschäftigte im Jahr 2030 generieren. Kurzfristig sowie auch mittelfristig können ebenfalls signifikant positive Effekte erreicht werden: zusätzliches BIP von 1,0 Mrd. Euro und mehr als 8.000 zusätzliche Beschäftigte in 2020; zusätzliches BIP von 2,0 Mrd. Euro und mehr als 26.000 zusätzliche Beschäftigte in 2025.

 

Um Anreize für den Ausbau von Erneuerbaren Energien zu setzen und somit heimische Wertschöpfung und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, sind Förderungen sowie ein regulatorischer Rahmen essenziell. Die Ableitung einer detaillierten Finanzierungsstrategie konnte im Rahmen der vorliegenden Studie nicht unternommen werden, stellt jedoch eine signifikante Fragestellung für kommende Analysen dar. Abschließend kann festgehalten werden, dass sich der Ausbau von Wasserkraft als Maßnahme zur Bekämpfung der wirtschaftlichen COVID-19-Krise und weiterhin als wichtige Komponente zur Erreichung des Ziels „100% Erneuerbarer Strom bis 2030“ gleichzeitig qualifiziert.

 

Studie zum Download

 

 

*) Quelle: Energieinstitut an der JKU Linz (2020): Wirtschaftswachstum und Beschäftigung durch Investitionen in Erneuerbare Energien

 

Die Autoren

Dr. Sebastian Goers

Senior Expert der Abteilung Energiewirtschaft am Energieinstitut an der JKU Linz

 

em. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schneider

Leiter d. Abteilung Energiewirtschaft am Energieinstitut an der JKU Linz

Prof. DI Dr. Horst Steinmüller

Leiter der Abteilung Energietechnik am Energieinstitut an der JKU Linz

Dr. Robert Tichler

Geschäftsführer des Energieinstitutes an JKU Linz