Wird die Wasserkraft benachteiligt?

Mit der Taxonomie-Verordnung ist ein großer Schritt hinsichtlich der Wende hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft vollbracht.

Die EU-Taxonomieverordnung soll nachhaltiges Investieren erleichtern, indem sie Kriterien aufstellt, die definieren, was als „nachhaltig“ bezeichnet werden kann. In Zukunft sollen alle Finanzprodukte am europäischen Markt (Aktien, Fonds, etc.) eine Angabe über ihre Nachhaltigkeit erhalten, die Privatinvestoren zu grüneren Investitionen anregen sollen. Mittels der einheitlichen Einstufung der Investitions- und Finanzprodukte werden diese außerdem in ihrer Nachhaltigkeit vergleichbarer. Die Erneuerbare Energie Kleinwasserkraft ist dabei jedoch mit viel Gegenwind von manchen Interessensvertretungen konfrontiert.

 

Entwicklung der Verordnung

Die Verordnung baute auf einen Bericht einer technischen Expertengruppe (TEG) auf, den die EU-Kommission 2018 in Auftrag gab. Anschließend arbeitete die Kommission auf Basis dieses Berichtes die Verordnung aus. In dem anfänglichen Report wurde die Wasserkraft wie Erdgas als „Brückentechnologie“ bezeichnet, sie sollte also nicht als ökologisch gelten. In der Verordnung wurde das allerdings nicht so übernommen, hier wird die Wasserkraft richtigerweise auch als nachhaltige Energiequelle angeführt. Nachdem die Verordnung im Juni 2020 beschlossen wurde, kam es daher zu großer Kritik seitens Umweltschutzverbänden, dazu später mehr. Anfang Juni 2021 kam die erste delegierte Verordnung heraus, sie beinhaltet genauere Definitionen und Auflagen zu den Einstufungskriterien.

 

Anforderungen an die Wasserkraft

Die Wasserkraft als nachhaltige, erneuerbare Energie einzustufen, war die einzige richtige Möglichkeit. Vor allem in Österreich ist sie eine wichtige Energiequelle, denn sie produziert 62% unseres Stroms. Außerdem sind Wasserkraftwerke fast nicht von externen Faktoren abhängig, wie das Sonnen- und Windenergie sind. Im Speziellen (Pump-)Speicherkraftwerke werden in Zukunft für das Abfedern der Last- und Produktionsspitzen und die Speicherung des Stroms immer wichtiger, da zum Beispiel die Photovoltaik den meisten Strom oftmals dann produziert, wenn er nicht gebraucht wird. Und natürlich sind die vielen Kleinwasserkraftwerke in ganz Europa ein wichtiger Faktor, um regionale Wirtschaftskreisläufe nachhaltig zu etablieren.

In der Verordnung hat die Wasserkraft allerdings viel strengere Auflagen als andere erneuerbare Energiequellen. Es muss nachgewiesen werden, dass die Anlage über ihre komplette Lebenszeit weniger als 100g CO2-Äquivalent pro kWh ausstößt. Außerdem muss bei Speicherkraftwerken eine Energiedichte von 5 W/m² Speicherfläche gegeben sein. Diese beiden Nachweise zu erbringen ist ein kostenintensives Unterfangen, welches für andere erneuerbare Energien wegfällt, wodurch einige Wasserkraftwerke von den Vorteilen der Einstufung als nachhaltige Technologie benachteiligt werden. Darüber hinaus ist bislang noch nicht bekannt, wie diese Nachweise genau zu erbringen sind. Die Grenzen sind zwar im Allgemeinen für jedes Wasserkraftwerk leicht zu erreichen, der Teufel steckt aber bekanntlich im Detail.

 

Kritik der Umweltverbände

Nach der Veröffentlichung der Verordnung kritisierten Umweltschutzorganisationen in einem Statement unter anderem die Inklusion der Wasserkraft als nachhaltige Technologie. Das Hauptargument, welches bei dieser Kritik immer wieder aufkommt, ist dass die Wasserkraft nicht naturverträglich und schädlich für Fische sei. Hier wurde allerdings die Wasserrahmenrichtlinie, die genau diese Probleme lösen soll, nicht mitbedacht. Der gerade frische dritte Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan zum Beispiel beschäftigt sich mit den Zuständen der österreichischen Gewässer und schreibt den Bau von Fischaufstiegshilfen vor. Wasserkraft beschreitet also gerade den Weg, die genannten Kritikpunkte auszumerzen. Aus diesem Grund und wegen des immensen Potentials der nachhaltigen Energieversorgung durch Wasserkraft kann und muss sie als nachhaltige Energiequelle gesehen werden.

Es wurde bzw. wird auch von Seiten der Umweltverbände argumentiert, dass keine Kleinwasserkraftwerke mehr revitalisiert werden sollen, da diese der Umwelt übermäßig schaden würden. In Anbetracht dessen, dass ein Neubau laut Taxonomie VO in Ordnung ist, wäre die Definition, dass eine Revitalisierung einer Kleinwasserkraftanlage nicht nachhaltig ist, allerdings mehr als absurd. Immerhin geht bei einem Kleinwasserkraftwerk eine technische Revitalisierung meist auch mit ökologischen Verbesserungsmaßnahmen einher. Demensprechend wurde in den Stellungnahmen seitens der Energiebranche auch argumentiert. Wir gehen davon aus, dass diese auch so Berücksichtigung findet.

Darüber hinaus sieht man zum Beispiel in Österreich, wo es viele Kleinwasserkraftwerke gibt, dass diese mit einem guten (und teils sogar sehr guten) Gewässerzustand vereinbar sind. Kleinwasserkraft wird durch ihre Regionalität immer wichtiger werden, da sie es möglich macht, den Strom dort zu produzieren, wo er auch verbraucht wird. Und zwar 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche. Durch die kürzeren Stromlieferwege werden das Stromnetz und vor allem Überlandstromleitungen entlastet. Darüber hinaus ist die dezentrale Stromversorgung zuverlässiger und resistenter gegenüber Ausfällen.

 

Fazit

Mit der Taxonomie-Verordnung ist ein großer Schritt hinsichtlich der Wende hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft vollbracht. Privatinvestoren werden die Möglichkeit haben mit ihren Investments nicht nur Profit zu machen, sondern auch einen positiven Beitrag zur Umwelt zu leisten. Die Inklusion von Wasserkraft als nachhaltige Technologie ist dabei auf jeden Fall die richtige Entscheidung, da diese eine wesentliche Rolle in der Energiewende spielt und daher in Punkto Finanzierung die gleichen Chancen wie andere grüne Technologien haben sollte. Weitere, auf die Verordnung aufbauende, Dokumente müssen jedoch noch erarbeitet und verhandelt werden. Hier versuchen manche Interessensvertretungen immer noch, die Wasserkraft möglichst auszubremsen. Kleinwasserkraft Österreich und die europäischen Partnerverbände werden die Entwicklung natürlich weiter beobachten und sich weiter einbringen.