Kraftwerk Kemating

Neues Leben in altem Kraftwerk

Die Energie AG hat im August 2017 fünf Wasserkraftwerke an der Traun von der Firma UPM Kymmene Austria GmbH erworben. Die Kraftwerke Kohlwehr, Steyrermühl, Gschröff, Siebenbrunn und Kemating waren durchwegs schon sehr alt. Teilweise über 100 Jahre leisteten die Kraftwerke ihren Dienst. Wie üblich bei älteren Anlagen wiesen diese auch einen sehr niedrigen Ausbaugrad auf. Zum Zeitpunkt der Übernahme waren darüber hinaus von den 13 Maschinensätzen nur mehr 7 betriebsbereit. Es war also Zeit für eine umfassende Erneuerung.

 

Das Kraftwerk Kemating in der Gemeinde Roitham wurde erstmals 1900 mit der Genehmigung zur Errichtung einer Holzschleiferei für die Papierfabrik erwähnt. Nach mehreren Anpassungen erfolgte 1914 der Einbau von vorerst 2 Maschinensätzen zur Erzeugung elektrischer Energie. 1921 wurde die Anlage um einen dritten Maschinensatz erweitert.

 

Bestand

Die Wehranlage ist ein relativ langes betoniertes Streichwehr mit Holzaufsatz und einem in der Mitte der Traun angeordneten Grundablass  (ehemalige Schifffahrtsschleuse). Für die Energieerzeugung ist die Anlage mit 3 Francis-Turbinen mit 10kV-Synchrongeneratoren ausgerüstet. Bei einer Fallhöhe von ca. 5,2 m und einer Schluckfähigkeit von ca. 40 m³/s wurde vor der Revitalisierung eine elektrische Leistung von rund 1.350 kW erzielt. Eine Besonderheit stellten die zur Kraftübertragung zwischen Turbinen und Generatoren installierten Holzkammräder dar. Diese Kammräder der drei Francis-Schacht-Turbinen erforderten einen erheblichen Betriebsaufwand! Wöchentlich mussten die Holzzähne mittels eines „Spezialgemisches“ aus Bienenwachs, Grafit, Rindertalg und Leinöl bei Stillstand warm nachgeschmiert werden. Extrem war auch die erhebliche Lärmentwicklung dieser Getriebe. Rund 115dB wurde bei einem Maschinensatz gemessen, der Lärm war in weitem Umkreis hörbar.

Nachdem ein kompletter Neubau aufgrund des hohen Investitionsbedarfes nicht möglich war, wurde unmittelbar nach der Übernahme mit den Planungsarbeiten für eine umfassende Revitalisierung begonnen. Da die Generatoren nach einer ersten oberflächlichen Prüfung einen dem Alter entsprechend guten Zustand aufwiesen, entschloss man sich, diese zu belassen. Auch Generatorenhersteller bestätigten, dass diese über 100 Jahre alten Maschinen sogar mit minimalen Windungsschlüssen bzw. Wicklungsfehlern funktionieren und keine größeren Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Außerdem sind diese Maschinen konstruktionsbedingt sehr wartungs- und reparaturfreundlich. Unabdingbar war aber ein Ersatz der bestehenden Holzkammräder durch moderne Winkelgetriebe.

 

Revitalisierung

Das Konzept für die Revitalisierung wurde von einem internen Projektteam, bestehend aus der Betriebsmannschaft sowie den Abteilungen Engineering und Instandhaltung der Tech Services GmbH ausgearbeitet. Neben dem Ersatz der Holzkammräder war eine Überarbeitung des gesamten Antriebsstranges notwendig - beginnend bei der Revision der Turbinen und der notwendigen Anpassungen der Turbinenwellen an die neuen Getriebe, welche nach einem Ausschreibungsprozess an die Fa. Eisenbeiss vergeben wurde. Die größte technische Herausforderung des Projekts war jedenfalls die notwendige zehntelmillimetergenaue Anpassung der Maschinenwellen an das Getriebe zwischen den unveränderbaren vertikalen und horizontalen Fixpunkten.

 

Ganz wesentlich bei der Sanierung war auch die Revision der Turbinen. Das letzte große Service an den Maschinen wurde vor über 20 Jahren durchgeführt. Dies zeigte sich unter anderem an den schwergängigen Leitapparaten, die sich fast nicht mehr bewegen ließen. Die Wiederherstellung funktionsfähiger Verstelleinrichtungen war natürlich unerlässlich. Die Generatoren wurden ebenfalls einer Revision unterzogen und dabei gereinigt, diverse Fehlerstellen ausgebessert und geprüft. Dabei zeigten sich einige Windungsschlüsse, welche aber nach Abwägung der Risiken belassen wurden. Die bestehenden Erregermaschinen waren in einem derart schlechten Zustand, dass die Entscheidung für neue statische Erregung getroffen wurde. Ebenfalls umgestellt wurde das Kühlkonzept der gesamten Anlage, wobei die Getriebe mit einer Wasserkühlung und die Generatoren mit einer neuen Luftkühlung ausgerüstet wurden. Die Erneuerung der gesamten Elektrotechnik, beginnend bei der Leittechnik, der EB-Verteilung, der Batterie- und Gleichstromversorgung sowie der hydraulischen Turbinenregler, wurde an die Fa. Rittmeyer in Zusammenarbeit mit der Fa. Kochendörfer vergeben.

Mit den Revisionen an den bereits stillstehenden Maschinensätzen begann die Maßnahmenumsetzung sukzessive ab August 2018. Nachdem ein Maschinensatz bereits Mitte November in Betrieb gehen konnte, erfolgte die Inbetriebnahme der weiteren Maschinensätze bis Mitte Dezember. Seitdem ist die Anlage im Wesentlichen störungsfrei in Betrieb. Die Gesamtleistung konnte so bei Einhaltung der elektrischen als auch der thermischen Grenzwerte auf bis zu 1.800 kW gesteigert werden.

Durch die gute Zusammenarbeit im internen Projektteam wie auch mit den Lieferanten konnte das Projekt erfolgreich umgesetzt werden und es entstand „Neues Leben in einem alten Kraftwerk“.

 

Technische Kenndaten: Kraftwerk Kemating

Ausbauwassermenge: 40 m³/s

Bruttofallhöhe: 5,2 m

Turbine: 3 x Francis-Schacht

Nennleistung gesamtvor Umbau: 1.350 kW

Jahresarbeit vor Umbau: ca. 10,17 GWh

Nennleistung gesamtnach Umbau: 1.800 kW

Gesamtinvestitionin Modernisierung: rund 1,5 Mio. Euro